Hits fürs Hospiz wird 15 Jahre alt – Bewusstsein für Tabu-Thema geschaffen – heute mehr Förderung von ambulanter Hospizarbeit und Beratungsangebote für Familien
Beim Management der Big Band der Bundeswehr hat der Overather Verein „Hits fürs Hospiz“ einen legendären Ruf. Das renommierte und gutgebuchte Orchester spielt oft ohne Honorar, wenn dabei Spendengelder für einen guten Zweck reinkommen. Die Bundeswehr will dann aber auch immer genau wissen, wieviel Geld eingenommen wurde. Als die Leitung der Big Band 2015 in Bergisch Gladbach auf den Zettel mit der Summe schaute, konnten sie ihren Augen nicht trauen. Beim Konzert für „Hits fürs Hospiz“ auf dem Konrad-Adenauer-Platz kamen sagenhafte 190.000 Euro zusammen. Mehr hat die Big Band der Bundeswehr vor- und nachher nie eingespielt.
Das Geld ging 1:1 an stationäre Einrichtungen und ambulant arbeitende Institutionen, die Hospizarbeit leisten. Genauso wie die gesamten 1,3 Millionen Euro, die die vor 15 Jahren von Paul Falk aus Overath und Helmut Bornhoeft aus Bergisch Gladbach gegründete Initiative seit 2007 eingenommen hat. 2012 wurde ein eingetragener Verein aus „Hits fürs Hospiz“. Der Name sollte eigentlich nur der Titel für das erste Konzert am 26. August 2007 mit den Bläck Fööss auf dem Schulhof der Grundschule in Bensberg sein. Nach dem Erfolg aber blieb er für immer. „Ich war total überrascht, wie gut das Konzert funktionierte“, erinnert sich Falk an die Fööss, die vor rund 1700 Menschen spielten.
Drei Jahre vorher war Falks Schwester unheilbar erkrankt und wenige Wochen nach der Diagnose auf der Station einer Kölner Klinik verstorben. „Weil es zu wenig Hospizplätze gab, musste sie in diesen dunklen, unmenschlich wirkenden Räumen sterben“, erinnert sich Falk. „Da muss sich etwas ändern“, sagte er sich. Mit den ersten Spendengeldern, die „Hits fürs Hospiz“ durch große Konzerte erwirtschaftete, wurde das Hospiz am Bensberger Vinzenz Pallotti Hospital ausgebaut. Die Konzerte zogen bis zu 5000 Menschen an – wie das Konzert mit den Bläck Fööss und der Big Band der Bundeswehr in Bergisch Gladbach 2015. „Da wurden wir völlig überrannt“, berichtet Falk. „Wir hatten um 20 Uhr kein Bier mehr und mussten Fässchen auf Sackkarren aus den umliegenden Gaststätten ranholen.“
Die Bands und Orchester traten immer ohne Gage auf für „Hits fürs Hospiz“. Sponsoren lieferten Getränke und Würstchen. „Das war immer unser oberstes Prinzip: Es darf nichts kosten“, so Falk.
Prominente unterstützen Falk ebenfalls von Anfang an. Als Schirmherren von „Hits fürs Hospiz“ sind aus der Kölner Verlegerfamilie Hedwig Neven Dumont dabei und aus der Politik der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Ex-CDU-Vize Wolfgang Bosbach. Er blickt auf „15 anstrengende, aber auch schöne, erfolgreiche Jahre“ zurück. „Mit tollen Veranstaltungen, großzügigen Sponsoren, bei denen wir uns herzlich bedanken. Aber auch vielen Investitionen, die für Menschen am Ende ihres Lebensweges eine große Hilfe sind. So geht es hoffentlich auch in den nächsten 15 Jahren weiter.“ Bosbach unterstützt den Verein aber nicht nur ideell. Auch sein 125000-Euro-Gewinn beim Promi-Special von „Wer wird Millionär“ ging 2017 überwiegend auf das Konto von „Hits fürs Hospiz“.
„Wir haben einiges verändern können“, blickt Falk auf die zurückliegenden 15 Jahre. Neben der materiellen Hilfe für Einrichtungen war das vor allem eines: „Wir haben Bewusstsein geschaffen für ein Thema, das zu Beginn noch ein Tabu war.“ Die Zielrichtung des Vereins hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Die stationären Hospiz-Einrichtungen stehen mittlerweile durch Fördervereine auf solidem Fundament und können auch ein Angebot leisten, das deutlich hochwertiger ist als, die von den Krankenkassen finanzierten Pflichtleistungen. Jetzt unterstützt
„Hits fürs Hospiz“ verstärkt ambulante und beratende Projekte. So ging 2018 das Bergische Wünschemobil zum ersten Mal auf Tour, um unheilbar erkrankten Menschen letzte Herzenswünsche zu erfüllen, 2021 kam ein zweites Wünschemobil hinzu und das Projekt „Familien-Ferien“. Das ermöglicht Familien mit schwersterkrankten Kindern eine Auszeit vom Alltag. „Die meisten dieser Familien könnten sich oft keinen Urlaub leisten“, erklärt Falk. Und das nächste Projekt steht für Herbst 2022 in den Startlöchern. Ein neues Beratungsangebot für Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern in krankheitsbedingten Krisen. Hierbei soll den Familien vor allem aufgezeigt werden, welche finanzielle Unterstützung ihnen zusteht. Falk: „70 Prozent dieser Leistungen werden gar nicht abgerufen. Aus Unwissenheit oder aus Hemmungen vor der Bürokratie.“ Notfalls sollen auch Juristen dafür sorgen, dass diese Familien die ihnen zustehenden finanziellen Hilfen erhalten.
Seit 2017 bilden Andreas Stammler und Joachim Liepold mit Paul Falk den Vorstand. Inwieweit Falk selbst künftig noch als Vorstandsvorsitzender aktiv bleiben wird, weiß er heute selbst nicht genau: „Ich bin keine 50 mehr“, sagt der 74-Jährige. Schon seit einiger Zeit ist er dabei, den Verein mit seinen heute 30 Mitgliedern so umzubauen, dass er kürzertreten kann.
Schwerpunkte der Förderarbeit:
· Finanzierung von ambulanten und stationären Einrichtungen zur Begleitung und Unterstützung von Betroffenen im Alltag sowie in der Krankheits-, Sterbe- und Trauerphase.
· Vermittlung ehrenamtlicher Begleiter*innen für die praktische Unterstützung und für Gespräche mit dem Ziel, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
· Aufbau und Finanzierung lokaler Stellen für die Beratung in lebens- oder krankheitsbedingten Krisen.
· Bereitstellung behindertengerechter Fahrzeuge, Hilfsmitteln und Kommunikationsgeräte.
· Hilfe zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch Transport und Begleitung.
· Finanzierung von Ferien- und Erholungsmaßnahmen für Familien mit schwererkrankten Kindern.
· Förderung von Freizeitangeboten für trauernde Kinder und Jugendliche.
· Tagesausflüge und Kurzreisen mit dem „Bergischen Wünschemobil“
Text: Klaus Pehle via Hits fürs Hospiz e.V. / Bilder: Paul Falk, Hits fürs Hospiz e.V.